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donderdag 28 oktober 2004

Atlantis - wo liegt es? (Ein Artikel von Andreas Delor)



Atlantis - wo liegt es? (Ein Artikel von Andreas Delor)

Startbeitrag von Michael Heinen-Andersam 28.10.2004 04:44



VERSUCH EINER SYNTHESE VON NATUR- UND GEISTESWISSENSCHAFT

Atlantis - aber wo liegt es?
Von Andreas Delor

In der Anthroposophie Rudolf Steiners spielt der sagenhafte Kontinent Atlantis eine entscheidende Rolle als Wiege der Menschheit. Aber wo soll dieser Ur-Kontinent gelegen haben? Während neuerdings einige anthroposophische Forscher angesichts des naturwissenschaftlichen status quo von Steiners Atlantis-Darstellungen abrücken, versucht Andreas Delor eine Synthese von Natur- und Geisteswissenschaft. In ausführlicher Form hat er seine Überlegungen in seinem Buch "Kampf um Atlantis" niedergelegt, das soeben im info3-Verlag erschienen ist.
Atlantis lässt sich - zumindest nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft - mit äußeren Mitteln nicht finden. Rudolf Steiners Angaben zu Atlantis - welche sich von denen Platons ebenso wie auch von anderen okkulten Atlantis-Angaben signifikant unterscheiden - müssten im Grunde jedem normalen Wissenschaftler die Haare zu Berge stehen lassen. Dennoch sind sie wissenschaftlich zu prüfen, zwar nicht an den herrschenden Lehrmeinungen, aber an den Fakten. Das haben in der Vergangenheit eine ganze Reihe anthroposophischer Autoren versucht - Hermann Poppelbaum, Emil Bock, Arnold Wadler, Sigismund von Gleich, Ernst Uehli, Günther Wachsmuth, Hans Gsänger, Wolfgang Schad, Dankmar Bosse und andere - aber alle kommen, entsprechend dem Fortschreiten insbesondere der Geologie, zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Ich habe mich bemüht, die Steiner'schen Angaben am gegenwärtigen Stand der Geologie, Paläontologie und Frühgeschichte zu prüfen (und umgekehrt!). Dies ist, neben einem umfangreichen Überblick über die wichtigsten anthroposophischen und nicht-anthroposophischen Atlantis-Auffassungen, der Inhalt meines Atlantis-Buches und auch der folgenden Skizze, die in der gebotenen Kürze allerdings nur die wichtigsten Punkte flüchtig anreißen kann:

"Betrachten wir hellseherisch den alten Kontinent der atlantischen Welt, den wir zu suchen haben da, wo jetzt der atlantische Ozean ist, zwischen Afrika und Europa einerseits und Amerika andererseits. Dieser Kontinent war umschlossen von einer Art warmem Strom, von einem Strom, bezüglich dessen das hellseherische Bewusstsein ergibt, dass er, so sonderbar es klingen mag, von Süden heraufging, durch die Baffins-Bay gegen das nördliche Grönland verlaufend und es umfassend, dann herüberfloss nach Osten, sich allmählich abkühlte, dann in der Zeit, in welcher Sibirien und Russland noch lange nicht zur Erdoberfläche gehoben waren, in der Gegend des Ural herunterfloss, sich umkehrte, die östlichen Karpaten berührte, in die Gegend hineinfloss, wo die heutige Sahara ist, und endlich beim Meerbusen von Biskaya dem atlantischen Ozean zuging, so dass er ein ganz geschlossenes Stromgebiet hatte. Sie werden begreifen, dass dieser Strom nur noch in den allerletzten Resten vorhanden sein kann. Dieser Strom ist der Golfstrom, der einst den atlantischen Kontinent umflossen hat." (Rudolf Steiner: "Die Mission einzelner Volksseelen", GA 121, 10. Vortrag, Oslo, 16. 6. 1910, S.182)

Diese eindeutige Aussage Rudolf Steiners zur Lage von Atlantis, welche erstaunlicherweise lange nicht alle Atlantis-beflissenen Anthroposophen kennen, beschreibt diesen Kontinent als die Summe von Grönland und Europa (bis zum Ural). Geologisch betrachtet ist dies exakt die Situation im Paleozän zu Beginn des Tertiär. Grönland war schon durch die Baffins-Bay von Amerika getrennt, hing aber zu dieser Zeit noch mit Europa zusammen. Spanien und Italien/Jugoslawien sowie etwas später Sardinien/Korsika drifteten als selbständige Mikroschollen südlich dieses Komplexes. Östlich des Ural bestand die sehr breite Turgai-Meeresstraße (ein Flachmeer), welche in eine weitere Meeresstraße einmündete, die Parathethys (Tiefsee), von welcher das Schwarze und Kaspische Meer sowie der Aralsee heute noch übrig sind. Die Turgai-Straße bestand noch bis ins Oligozän hinein, die Parathethys sogar noch bis Ende Miozän.

Da nach Angaben Steiners die Atlantis zeitlich mit dem Tertiär (bestehend aus: Paleozän, Eozän, Oligozän, Miozän und Pliozän) plus der sich daran anschließenden Eiszeit (dem Pleistozän) identisch ist, haben wir hiermit eine Situation ganz zu Anfang der atlantischen Zeit.

Demgegenüber gibt es auch eine Aussage Rudolf Steiners über die Spät-Atlantis:
"Gegen das Ende der atlantischen Zeit hin stellte es sich heraus, dass die äußeren und inneren Verhältnisse für den Menschen am günstigsten waren auf einem bestimmten Gebietsteil unserer Erdoberfläche, der sich in der Nähe des heutigen Irland befand. Heute ist das betreffende Landgebiet mit Wasser bedeckt. Damals waren dort ganz besonders günstige Verhältnisse; und dort bildete sich innerhalb der atlantischen Völker das begabteste Volk aus, das am meisten Veranlagung dazu hatte, zum freien menschlichen Selbstbewusstsein aufzusteigen. Und der Führer dieses Volkes, das man gewohnt worden ist in der theosophischen Literatur die "Ursemiten" zu nennen, war ein großer Eingeweihter, der, wenn man trivial sprechen darf, sich die fortgeschrittensten Individuen dieses Volksteiles aussuchte und mit ihnen nach dem Osten zog, durch Europa bis nach Asien hinüber in die Gegend des heutigen Tibet. Dahin zog ein verhältnismäßig kleiner, aber namentlich geistig, spirituell sehr weit fortgeschrittener Bruchteil der atlantischen Bevölkerung.
Innerhalb der letzten atlantischen Zeit war es ja so gekommen, dass nach und nach die westlichen Gegenden der Atlantis verschwanden, sich mit Meer bedeckten. Europa trat in seiner heutigen Gestalt immer mehr hervor. Asien war noch so, dass die große sibirische Ländermasse noch bedeckt war mit weiten Wassermassen; aber namentlich die südlichen Gegenden Asiens waren, anders gestaltet, schon vorhanden." (Rudolf Steiner: "Das Johannes-Evangelium", GA 103, 8. Vortrag, Hamburg, 27. 5. 1908 S.139)

In der Nähe des heutigen Irland lag, wie Steiner an vielen Stellen betont, offenbar ein letzter Rest von Atlantis, von dem aus der große Zug des "Manu" - wie beispielsweise in seiner "Geheimwissenschaft im Umriss" beschrieben - seinen Anfang nahm. Am Anfang Grönland plus Europa bis zum Ural - am Ende ein (vermutlich winziger) Fleck in der Nähe Irlands, das sind die einzigen wirklich konkreten Aussagen Steiners über die Lage von Atlantis.

LokalisierungsversucheWer sich in der okkulten Atlantis-Literatur ein wenig auskennt, dem fällt auf, dass Steiners Aussage sowohl über die Früh-Atlantis wie auch über die Spät-Atlantis (so sehr sie sich auch unterscheiden) ein Areal beschreibt, das wesentlich weiter nördlich liegt als da, wo Atlantis gewöhnlich lokalisiert wird: bei den Azoren, etwa auf halber Strecke zwischen Spanien und Neufundland (dass es so gut wie keinen Fleck der Erde gibt, der nicht schon mit guten Gründen zur Atlantis erklärt wurde, lasse ich hier einmal beiseite). Die Azoren-Inseln sind spitze Vulkan-Berge auf einem ebenfalls vulkanischen Plateau etwa von der Größe Islands, welches heute ca. 1000 Meter unter der Meeresoberfläche liegt. In der Atlantis-Literatur ist es vor allem unter dem Namen "Dolfin-Rücken" bekannt. Dieser Dolfin-Rücken, über einem "Hot Spot" gelegen, hat in der Mitte des Tertiär (= atlantische Zeit), vermutlich etwa ab dem Oligozän, aus dem Wasser geschaut und ist später untergegangen, vielleicht im Pliozän, der letzten Epoche des Tertiär.

Damit ist dieses Areal für Atlantis natürlich sehr interessant - aber es liegt ganz außerhalb dessen, was Steiner als Atlantis beschreibt. Oder doch nicht? Spricht nicht Steiner an mehreren Stellen davon, Atlantis habe zwischen Europa, Amerika und Afrika gelegen? Auf jeden Fall hat es aber mit den beiden oben zitierten (und andere gibt es nicht) konkreten Lokalisierungen von Atlantis nichts zu tun. Außerdem reicht dieses Island-große Plateau lange nicht aus, um jenes riesige Atlantis um die Azoren herum auszufüllen, welches z. B. der anthroposophische Forscher Günther Wachsmuth, aber auch Okkultisten wie W. Scott-Elliot, Edgar Cayce oder der Anthroposoph Jostein Saether beschreiben. Mehr als der Dolfin-Rücken hat aber definitiv nie aus dem Wasser geschaut, das belegen die vom mittelatlantischen Rücken nach den Seiten zu immer mächtiger werdenden Meeresablagerungen aus dem Tertiär.

Ich komme am Ende noch einmal auf die Azoren zurück. Zunächst aber zu dem nördlichen Areal, welches Steiner ganz eindeutig als Atlantis bezeichnet: Für den Atlantis-Anfang beschreibt er eine sehr große, für das Ende eine sehr kleine Insel. Dazwischen wurde Atlantis offenbar immer kleiner - und man sieht auf der Reliefkarte zwischen Island und Irland/Schottland deutlich die untergegangenen Teile von Atlantis: den Jan-Mayen-Rücken, die Färöer-Schwelle und das Rockall-Plateau. Außerdem natürlich den Schelf um Island (samt dem europäischen Schelf).

Das Tertiär ist gekennzeichnet durch große geologische Umwälzungen. Grönland riss sich von Europa los, dazwischen taucht buchstäblich aus dem Feuer zunächst die Färöer-Schwelle auf, später Island, damals noch um einiges größer als heute. An diesem so entstandenen Komplex Grönland-Island-Färöer hing nach oben noch der Jan-Mayen-Rücken (von Grönland losgerissen), nach unten das Rockall-Plateau (von den britischen Inseln losgerissen). Dieser ganze Teil von Atlantis hatte sich also von Europa abgetrennt, während gleichzeitig (wir sind mittlerweile im Oligozän, der dritten Epoche des Tertiär) die riesige Turgai-Meeresstraße östlich des Ural verlandet - Europa und Asien wachsen zusammen, in derselben Zeit, in welcher von unten gerade Afrika mächtig an Europa herandriftet und die Pyrenäen, den Atlas, die Alpen, den Karst, das anatolische Hochland und zuletzt den Appenin auffaltet sowie nach und nach die Parathethys zuschiebt.

Nachdem Europa und Asien zusammengewachsen sind, bleibt als große Insel, aber höchstens noch von einem Viertel bis Fünftel der ursprünglichen Atlantis-Größe, der Komplex Grönland-Island-Färöer-Jan-Mayen-Rockall bestehen. Dies wäre Atlantis in der Mitte des Tertiär. Eventuell sind noch die britischen Inseln dazuzurechnen, die immer wieder einmal für kürzere Zeit durch einen Ur-Ärmel-Kanal vom übrigen Europa getrennt waren.

Von diesem Rest-Atlantis, welches zudem immer mehr in einzelne Inseln zerfällt, geht im Laufe der Zeit der Jan-Mayen-Rücken, die Färöer-Schwelle und das Rockall-Plateau unter, in der Eiszeit schaut von diesen drei Arealen noch je eine Insel heraus, jede weniger als halb so groß wie Irland. Der europäische Schelf lag in der Eiszeit trocken, dazu gehört auch die "Porcupine-Bank" westlich von Irland, aber durch einen Meeresarm von Irland abgetrennt. Man kann sich aussuchen, ob die Spät-Atlantier des Manu hier oder auf dem Rockall-Rest gelebt haben können.

Woher kam der Homo Sapiens?Geologisch gesehen gibt es also in diesem Punkt keinen Dissenz zwischen Steiner und heutiger Naturwissenschaft, wohl aber paläontologisch. Denn für Steiner war Atlantis die Wiege der Menschheit. Jeder nur halbwegs naturwissenschaftlich Gebildete "weiß" jedoch, dass die Menschheit aus Afrika kam. Sowohl der Homo Sapiens wie auch der frühere Homo Erectus, die Australopitheciden, selbstverständlich auch der zuletzt entdeckte älteste Vormensch Sahelanthropus tschadensis stammen doch alle aus Afrika; dies scheint fürwahr der gravierendste Einwand gegen ein Atlantis im Sinne Steiners. Hier liegt der erste Punkt, wo man auf dem Weg nach Atlantis in massiven Widerspruch zu den herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinungen gerät; es wird nicht der letzte bleiben.

Rudolf Steiner stellt aber unsere Herkunft von den Vormenschen, wie sie der materialistische Darwinismus lehrt, radikal in Frage. Wie er in seiner Geheimwissenschaft und vielen Vorträgen ausführt, stammt nicht der Mensch von der Tierreihe ab, sondern stammen umgekehrt alle Tiere von einem evolutiv verstandenen Menschen ab. Die Menschenvorfahren waren in der frühatlantischen, lemurischen, hyperboreischen und polarischen Zeit (ich bitte diese Begriffe gegebenenfalls in Steiners Geheimwissenschaft oder Akasha-Chronik nachzulesen!) ganz weich und schwebten überdies über der Erde; die Leiber derjenigen Menschen, die zu früh fest werden wollten, wurden zu Tier-Leibern, die in etwa die Gestalt des damaligen Menschen in allerdings sehr vergröberter, verhärteter und vereinseitigter Form wiedergeben.

Ein Indiz dafür, dass nicht die Tiere sich im darwinistischen Sinne von niederen zu höheren Formen entwickeln, sondern dass sie Abspaltungen vom Menschen sind, liegt in der Tatsache, dass es keine direkten Übergangsformen zwischen ihnen gibt. In den modernen Biologiebüchern sind Stammbäume immer so gezeichnet, dass der Stamm gestrichelt dargestellt ist - es fehlen schlicht die Funde. Nur die Zweige sind gut dokumentiert, d. h. durchgehend gezeichnet. Im Sinne des Darwinismus darf es zwar Fundlücken geben, die durchgehenden Funde müssten aber Stamm und Zweige gleichermaßen betreffen.

Diese Abstammung vom noch weichkörprigen Menschenvorfahren gilt nun nicht nur für die Tiere, sondern im Sinne Rudolf Steiners auch für die Vormenschen:
"So wie die Tiere stehenblieben, so blieben nun auch Menschen stehen. Das waren nicht die besten Menschen, die zu früh Mensch wurden, die besseren haben warten können. Sie sind lange dabeigeblieben, nicht herunterzusteigen auf die Erde, um da in Bewusstheit den Befruchtungsakt zu vollziehen; sie blieben in dem Erkennen, wo der Befruchtungsakt ein Traum war. Diese Menschen lebten, wie man sagt, im Paradiese. Und die Menschen, die am frühesten auf die Erde stiegen, würden wir finden mit besonders stark ausgebildeter Körperlichkeit, mit rohem, brutalen Gesichtsausdruck, während wir die Menschen, die erst die edleren Teile gestalten wollten, auch in einer viel menschlicheren Gestalt finden würden." (Rudolf Steiner: Ägyptische Mythen und Mysterien GA 106, 8. Vortrag, Leipzig, 10. 9. 1908, S.106)

Wer dennoch meint, die Menschheit müsse doch aus Afrika von den Vormenschen abstammen, sei im Übrigen darauf aufmerksam gemacht, dass alle Affen bis hin zu den frühen Menschenaffen den Funden nach sich von Europa aus über die Welt verbreitet haben.

Anderes Wasser?

Die schwebenden, weichkörprigen Früh-Atlantier korrespondieren nun stark mit dem, was Rudolf Steiner als atlantische Nebel-Atmosphäre schildert (daher das germanische Niflheim). Dies ist der zweite Punkt, an dem man mit der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung kollidiert.

Es gibt aber Symptome auch für die Richtigkeit dieser zunächst abwegig erscheinenden Schilderungen Steiners. Der Geologe Dankmar Bosse, welcher dafür heftig angegriffen wurde, weist in seinem Buch Die gemeinsame Entwicklung von Erde und Mensch (Stuttgart 2002) darauf hin, dass die Morphologie der heutigen Landschaften die atmosphärischen und Wasser-Verhältnisse der atlantischen Zeit (Tertiär und Eiszeit) verrät. Unsere gegenwärtige vom Wasser herausmodellierte Landschaft ist offensichtlich erst ein Ergebnis der Eiszeit. Davor, etwa ab dem Oligozän, hat ein offenbar anders beschaffenes Wasser keine tiefen mäandrierenden Kerbtäler, sondern ungeheuer breite und flache, nicht mäandrierende Rinnen mit bis nicht selten 20 Kilometer Breite ausgewaschen (beim Nil sogar bis 200 Kilometer breit!), die auf der ganzen Welt - in Europa besonders deutlich in Alpen und Mittelgebirgen - als Hochtäler heute noch zu sehen sind. Vor dem Oligozän aber hatten sich noch überhaupt keine Täler gebildet. Am Anfang des Tertiär spricht auch die offizielle Geologie teilweise von einer "Fast-Ebene". In der "Gipfelflur" der Hochgebirge (alle Spitzen liegen etwa auf gleicher Höhe) kann man weltweit diese Ebene noch beobachten, nur an manchen Stellen noch überragt von einzelnen Härtlingen. Gebirge wurden damals im Entstehen offensichtlich von "Zyklonen" flach abrasiert, die man sich als Mittelding zwischen heutigen Stürmen und Meeresströmungen vorstellen muss, da das Wasser großenteils als atlantische Nebel noch in der Luft enthalten war. Nur die erwähnten Härtlinge haben der Abrasion durch besagte "Zyklone" als erste (nichtvulkanische) Berge überhaupt getrotzt.

Es gab demnach vor dem Alttertiär noch keinen Wasserkreislauf; die von Steiner geschilderten atlantischen Nebel schlugen sich noch nicht als Regen nieder. Die Flüsse, welche die heutige Landschaft herausschnitzten, entstanden im Wesentlichen erst während des späten Tertiär und Pleistozän! (Die moderne Geologie kennt selbstverständlich früh-tertiäre und vortertiäre "Fluss"-Ablagerungen. Diese unterscheiden sich aber von den heutigen. Sie und die unten beschriebenen Canyons deuten auch auf Ströme, aber ganz anderer Art als heute.) Viele Flüsse lassen heute noch deutlich drei Terrassen erkennen, entstanden während der letzten drei Warmzeiten (Zwischeneiszeiten).

In den Tropen sind die Kaltzeiten der Wissenschaft als Regenzeiten bekannt. So ergab sich für Bosse die Eiszeit als die Zeit der Sintflut(en), in der sich die atlantischen Nebel in gewaltigen Regengüssen niederschlugen, im Norden durch die einsetzende Kälte dann als Eismassen gebunden - was auch den Darstellungen Steiners entspricht.

Welch ungeheure Wassermassen vorher in der Luft gewesen sein müssen, zeigen die Spuren der anfangs des Tertiär noch ganz geringen Wassertiefe in den Ozeanbecken (dies ist allerdings nur vorzustellen, wenn die Atmosphäre noch weit höher in den Weltraum hinaufreichte. In der frühen Lemuris reichte sie nach Rudolf Steiner sogar bis zur heutigen Mondbahn!)

Die Indizien für ein relativ spätes Auffüllen der Ozeanbecken sind in der Tat verblüffend. Da sind einmal die norwegischen Fjorde, die eine Tiefe von bis zu 1000 Meter erreichen (die Hebung Skandinaviens seit der Eiszeit beträgt 60 Meter; das kommt noch hinzu!), weiter die untermeerischen mäandrierenden Canyons, die teilweise weit unter die 100-150 Meter-Marke, welche die Ozeane nach offizieller Auffassung in der Eiszeit tiefer lagen, hinuntergehen, beim Kongo-Canyon im Schelfgebiet ca. 500 Meter, aber am Kontinentalabhang bis 4500 Meter Tiefe. Ähnlich ist es bei vielen anderen untermeerischen Einschnitten, z. B. beim Baltimore Canyon, beim Indus- und vor allem beim Ganges-Canyon, der sich noch viele Hunderte von Kilometern in den Golf von Bengalen hineinzieht, sich dabei deltaartig verzweigend. Teilweise sind die Canyons mittlerweile bis in die heutigen Flussläufe hinein wieder aufgeschottert. Das Elbtal bei Hamburg war früher einmal 300 Meter tief.

Andere Indizien für ein früheres Tieferliegen des Ozeanspiegels sind Erosionsflächen (Schicht-Diskordanzen) in Meeresablagerungen, sogar auf Flutbasaltplateaus im Pazifik, die also einmal über dem Meeresspiegel gelegen haben müssen, Flachmeer-Ablagerungen fast überall in der heutigen Tiefsee und isolierte uralte Floren- und Faunen-Bestände auf vielen Ozean-Inseln (Madagaskar, Hawaii usw.), die irgendwann einmal trockenen Fußes über den heutigen Ozeanboden zu besagten Inseln gewandert sein müssen! Eindrucksvollstes Beispiel sind die Riesen-Landschildkröten der Galapagos-Inseln, die nicht durch Menschen dorthin gekommen sein können, weil sie sich bereits in mehrere Arten aufgespalten haben.

Nun gibt es einen durchaus gravierenden Einwand gegen ein Tieferliegen des Meeresspiegels: die durch Ablagerungen ebenso eindeutig belegten gleichzeitigen Flachmeere auf den Kontinenten. Warum leerten sich diese nicht in die tieferliegenden Ozeanbecken aus? Hier steht zunächst Phänomen gegen Phänomen. Denn die Canyons in den Schelfen und alles andere sind deswegen nicht wegzudiskutieren. Steiners Hinweis mag da vielleicht helfen, wonach das Wasser in der Atlantis dünner, die Luft aber dicker gewesen sei als heute, weiter die Möglichkeit verschieden dichter Wasserschichten, wovon die oberste wie sehr dicker Nebel bei konstanten Winden dann sogar auch bergauf fließen konnte, wenn die in der Atlantis noch viel stärkeren ätherischen Ströme dementsprechend verliefen. Gerade der "Okeanos"-Strom um die Atlantis herum bestand nicht aus Wasser wie dem heutigen. Die Erde selbst war in der atlantischen Zeit (und erst recht davor) von einer noch weit größeren Lebendigkeit als heute. Hier kann in dieser Kürze auf diese schwierige Frage sicherlich keine befriedigende Antwort gegeben werden.

Mythen und SagenVom Leben, Bewusstsein und von den Fähigkeiten der Atlantier bekommt man eine Vorstellung, wenn man die Mythen und Sagen vieler Völker einmal ganz real nimmt, gerade auch ihre übersinnlichen und übernatürlichen Aspekte. Ebenso vermittelt auch das heute noch vorhandene, magische Bewusstsein und Leben vieler Naturvölker ein - wenn auch lange nicht mehr auf der ursprünglichen Höhe stehendes - Bild atlantischer Zustände. Dem allgemeinen Fest-Werden haben sich auch diese Völker nicht entziehen können. Aber trotz vieler Dekadenzerscheinungen, sogar Formen schwarzer Magie (Menschenopfer!), schimmert hier immer noch eine instinktive atlantische Weisheit hindurch, die zwar der modernen materialistischen Zivilisation nicht gewachsen und in dieser Form auch nicht wieder hochzuholen ist, jedoch immerhin eine schwache Ahnung von dem vermitteln kann, was einmal war.

Steiner sagt unter anderem über die Fähigkeiten der alten Atlantier: "Ein Mensch von der alten Atlantis hätte, sagen wir, eine Eisenbahnschiene mit Leichtigkeit zerbrechen können, nicht weil seine physischen Kräfte sehr stark waren, denn er hatte noch nicht einmal sein Knochensystem ausgebildet, sondern vermöge seiner magisch-psychischen Kräfte. Eine Flintenkugel zum Beispiel wäre an dieser psychischen Kraft abgeprallt." (Das Prinzip der spirituellen Ökonomie GA 109/111 Vortrag vom 10. 6. 1909 in Budapest, S. 238)

Aus dieser Schilderung erklären sich die übermenschlichen Kräfte - und auch der übermenschliche Mut, die Ausdauer usw. - der in den Sagen und Mythen sämtlicher Völker beschriebenen Heroen und Halbgötter. In nachatlantischer Zeit mögen Reste dieser Kräfte durchaus noch die tonnenschweren Blöcke der Megalithkultur bewegt haben. Heute kommen solche "Körper"-Kräfte nur noch vor, wenn das Bewusstsein stark herabgedämpft ist: in Trance oder bei bestimmten Geisteskrankheiten.

Hinzu kommt die von Steiner beschriebene selbstverständliche Hellsichtigkeit der Atlantier, von der die entsprechenden Fähigkeiten heutiger Naturvölker nur noch kümmerliche Reste darstellen. Die Bewusstseinslage der Atlantier war halb träumend, vergleichbar der eines neugeborenen Kindes. Nur die allerhöchsten Eingeweihten erreichten eine der heutigen vergleichbare Wachheit.

Als hervorstechendste Eigenschaft der Atlantier schildert Rudolf Steiner jedoch ein schier unvorstellbares Gedächtnis, das überhaupt erst die Sprache ermöglichte. Aufgerichtet hat sich der Mensch in der Lemuris (während des Mondaustrittes!), sprechen lernte er in der (Früh-)Atlantis und Denken erst in der nachatlantischen Zeit.

Großartige Bauten und andere äußerlich sichtbare Artefakte hinterließen die Atlantier nicht. Zu gewissen Zeiten bestanden ihre Häuser, wie Steiner schildert, aus ineinander verschlungenen lebenden Bäumen. Erst in der Mitte der Atlantis wurden die ersten Menschen "erdenfest" (aber lange noch nicht alle!), d. h. so hart, dass sie überhaupt erst Fossilien hinterlassen konnten, als Australopithecus usw. Vorher waren sie nicht nur viel weicher als alle Tiere, sondern schwebten (vergleichbar den Quallen) in der dicken atlantischen Wasser-Luft-Atmosphäre, aus der sich erst in der Eiszeit die Wasser als Sintflut niederschlugen. Die von Scott-Elliot und Steiner beschriebenen "niedrig fliegenden Fahrzeuge" der Atlantier - in der indischen Mythologie (Mahabarata) als "Vimanas", von den Hopi-Indianern als "fliegende Schilde" bezeichnet - verlängerten nur das Schweben in die zweite Hälfte der Atlantis hinein. Es werden keine komplizierten technischen Geräte gewesen sein, sondern geschlossene oder offene Luft-Boote. Die fliegenden Teppiche des Orients können ebenfalls Reminiszenzen daran sein. Als es dann richtiges Wasser gab, das sich mit einer "Haut" nach oben abschloss, wurden Schiffe daraus. Die Fähigkeit zu fliegen erklärt sich letztlich aus dem Überschuss der Atlantier an ätherischen Kräften.

Rudolf Steiner spricht von der Nutzbarmachung von Lebenskräften in Pflanzensamen, über welche die Atlantier verfügten und die sie nicht nur ihren "Flugzeugen", sondern auch der "Industrie" nutzbar machten.

Der Hellseher Edgar Cayce und auch Bhagwan erzählen, dass die Atlantier die Elektrizität und Atomkraft gekannt hätten, dazu eine heute unvorstellbare Art der Sonnenenergie. Sowohl die Hopi-Überlieferung als auch das indische Mahabarata berichten von weitreichenden "Energiewaffen", Lasern und Wasserstoffbomben ähnlich, wie auch von gewaltigen Schutzschilden, die diese Waffen abwehren. Eines dürfte sicher sein: Waffen wie die heutigen sind das nicht gewesen. Denn die physische Materie als solche war noch gar nicht so weit. Fähigkeiten, mit den Kräften der physischen Materie umzugehen, hat erst der nachatlantische Mensch entwickelt, der Atlantier war Beherrscher der ätherischen Kräfte und aus solchen Wirkungen heraus müssen diese Schilderungen verstanden werden. Eventuell waren sogar noch (in bereits damals unberechtigter Weise) aus der Lemuris herüberkommende und noch wesentlich stärker wirkende astralische Kräfte im Spiel.

Immer wieder wird bei den Atlantiern der Missbrauch ihrer Fähigkeiten bis hin zur schwarzen Magie beschrieben, welcher letztlich zum Untergang der Atlantis führte, ähnlich wie seinerzeit schon in der Lemuris. In der Lemuris geraten die Menschen unter den Einfluss Luzifers, in der Atlantis unter den Einfluss Ahrimans. Die großen meteorologischen, plattentektonischen und vulkanischen Veränderungen sind unbeabsichtigt von Menschen verursacht. Luzifers Einfluss entfacht Feuer- (Flutbasalt-)Katastrophen, Ahrimans Einfluss Eiszeit und Sintflut.

Andreas Delor: Kampf um Atlantis. Ein Beitrag zur anthroposophischen Atlantis-Diskussion, Schriftenreihe Kontext Band 7, 200 Seiten EUR 22,-

SPIRITUALITÄT UND GEOLOGIE

Wo lag Atlantis?

Die geologische Ortung von Atlantis bereitet nicht wenige Probleme. Nicht nur, dass es so gut wie keinen Fleck der Erde gibt, der nicht schon zur Atlantis erklärt wurde. Auch beim Versuch, Rudolf Steiners Angaben mit den Ergebnissen der modernen Geologie in Einklang zu bringen, tun sich Widersprüche über Widersprüche auf. Andreas Delor vergleicht spirituelle Aussagen Steiners und den Stand der Geologie.
Legt man die - für das gängige wissenschaftliche Bewusstsein haarsträubenden - Aussagen Rudolf Steiners aus seiner Geheimwissenschaft und seinem Gesamtwerk zugrunde, muss man davon ausgehen, dass die Menschen am Anfang der Atlantis noch so weich waren, dass sie keine Versteinerungen hinterließen. Von ihnen stammen alle Tiere ab - nicht umgekehrt. Die Luft war nach Steiner damals nebelgeschwängert, und in dieser Suppe über der Erde schwimmend-schwebend lebten die frühen Atlantier.
Was zu früh verhärtete und auf die Erde kam, konnte nicht mehr Mensch sein. Diese Leiber wurden von Tierseelen bezogen, davon finden sich dann Fossilien. Vom Bewusstsein und den Fähigkeiten der Atlantier bekommt man eine Vorstellung, wenn man die Mythen und Sagen vieler Völker (von Helden mit übermenschlichen Kräften und übermenschlichem Mut usw.) ganz real nimmt. Wie aber stimmen sie mit den geologisch-paläontologischen Fakten zusammen?
Es besteht in der anthroposophischen Sekundärliteratur weitgehende Einigkeit darüber - und entspricht der einzigen Zeitangabe, die Rudolf Steiner über Atlantis macht, im ersten Band der »Lehrerkonferenzen« - dass die atlantische Zeit identisch ist mit dem Tertiär samt dem anschließenden Pleistozän, der Eiszeit.
Das Tertiär, welches nach heutiger Zeitrechnung vor 65 Millionen Jahren begann (auf den Unterschied zwischen dieser und Steiners Zeitrechnung braucht hier nicht eingegangen zu werden), besteht aus Paleozän, Eozän, Oligozän, Miozän und Pliozän. Der (endgültige) Untergang der Atlantis durch die (letzte Etappe der) Sintflut wäre dann am Ende der letzten Eiszeit (Würm-Weichsel-Vereisung) vor etwa 10 bis 12.000 Jahren erfolgt.
Das Tertiär ist die große Zeit der Säugetiere. Deren Menschen-Vorfahren müssen noch in der lemurischen Zeit gesucht werden. Am Ende der Lemuris hatte sich die Menschheit nach Steiner in vier Typen aufgegliedert: »Stier-Menschen«, »Löwen-Menschen«, »Adler-Menschen« und »Menschen-Menschen«. Auf diese Menschen-Typen gehen die warmblütigen Wirbeltiere, die dann in der atlantischen Zeit auftreten, zurück: Huftiere, Raubtiere, Vögel und Primaten (Letztere kann man nur vermuten, Steiner erwähnt sie nicht direkt).
Von den atlantischen Menschen selber können nur die Formen abstammen, die nach diesen vier Gruppen noch neu in Tertiär und Quartär auftreten: höhere Primaten, Menschenaffen und die Vor-, Früh- und Altmenschen (Australopitheciden, Homo habilis, ergaster, erectus und heidelbergensis und der Neandertaler). All diese Menschen sind vermutlich nicht unsere Vorfahren, sondern stammen umgekehrt von uns ab. Wirkliche Vorfahren von uns sind vermutlich erst die anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens), die seit der letzten Vereisung (Würm-Weichsel) auftreten.
Dass aber sowohl die höchsten Menschenaffen (Gorillas und Schimpansen), wie auch sämtliche Frühmenschen (bis auf Erectus und Neandertaler) und sogar der Homo sapiens selbst alle eindeutig zuerst in Afrika auftreten und nicht in Europa, welches Atlantis am nächsten gelegen sein muss, macht die Frage nach der Lage der Atlantis, von der doch alle diese Formen herstammen sollen, zum gravierenden Problem. Während in Südafrika unsere Vorfahren auftreten, ist gleichzeitig Europa »besetzt« durch den Neandertaler, davor durch den Homo heidelbergensis, die beide vermutlich nicht unsere Ahnen sind.
UNTERGANG IN PHASEN
Der anthroposophische Geologe Dankmar Bosse macht darauf aufmerksam, dass die Geologie bezüglich der ersten Hälfte des Tertiär vor dem Rätsel der weltweiten »Fast-Ebene« steht, d. h., dass es damals (und erst recht in den Zeiten davor) keine zerklüftete Landschaft wie heute gegeben hat. Es gab keinen Wasserkreislauf, die atlantischen Nebel schlugen sich nicht als Regen nieder. Die Flüsse, die die heutige Landschaft herausschnitzten, entstanden im Wesentlichen erst während der zweiten Tertiär-Hälfte. Viele Flüsse lassen heute noch eine deutliche Drei-Terassen-Gestalt erkennen.
Als sie die obere Terasse auswuschen, waren sie ungeheuer breit und flach, bei der mittleren schon tiefer und enger, aber erst nach der Eiszeit erreichten sie ihre heutige Tiefe und ihr schmales Bett. Die drei Terassen entstanden während der letzten drei Warmzeiten (Zwischeneiszeiten), welche als Phasen der Sintflut anzusehen sind.
Atlantis ist nach Steiner stufenweise untergegangen. Die Nebelmassen schlugen sich erst in gewaltigen Regenfluten nieder, welche die Flüsse auswuschen und wurden bei der anschließenden Abkühlung als Eismassen gebunden.
Am Anfang des Tertiär scheint die Lage von Atlantis noch relativ einfach bestimmbar; hier gibt es eine eindeutige Ortsangabe Rudolf Steiners:
»Betrachten wir hellseherisch den alten Kontinent der atlantischen Welt, den wir zu suchen haben da, wo jetzt der atlantische Ozean ist, zwischen Afrika und Europa einerseits und Amerika andererseits. Dieser Kontinent war umschlossen von einer Art warmem Strom, von einem Strom, bezüglich dessen das hellseherische Bewusstsein ergibt, dass er, so sonderbar es klingen mag, von Süden heraufging, durch die Baffins-Bay gegen das nördliche Grönland verlaufend und es umfassend, dann herüberfloss nach Osten, sich allmählig abkühlte, dann in der Zeit, in welcher Sibirien und Russland noch lange nicht zur Erdoberfläche gehoben waren, in der Gegend des Ural herunterfloss, sich umkehrte, die östlichen Karpaten berührte, in die Gegend hineinfloss, wo die heutige Sahara ist, und endlich beim Meerbusen von Biskaya dem atlantischen Ozean zuging, so dass er ein ganz ge-schlossenes Stromgebiet hatte. Sie werden begreifen, dass dieser Strom nur noch in den allerletzten Resten vorhanden sein kann. Dieser Strom ist der Golfstrom, der einst den atlantischen Kontinent umflossen hat. - Und jetzt werden Sie auch begreifen, dass bei den Griechen das Seelenleben Erinnerung ist. Es tauchte in ihnen auf das Bild des Okeanos, der eine Erinnerung ist an jene atlantische Zeit...« (Die Mission einzelner Volksseelen, 10. Vortrag.) Der Okeanos umfloss in der Mythologie der Griechen die ganze Welt, welche in ihrer Erinnerung wohl mit Atlantis identisch war.
Atlantis war damals also, so erstaunlich es auch klingt, kurz gesagt: Europa und Grönland zusammen. Das ist geologisch greifbar. Wir kommen da in die Zeit des Paleozän (Anfang des Tertiär). Europa und Amerika lagen zu dieser Zeit nahe beieinander, Grönland hing noch mit Europa zusammen. Spanien und Italien drifteten als selbständige Mikroschollen außerhalb dieses Komplexes. Östlich des Ural bestand die sehr breite Turgai-Meeresstraße, eine eingesunkene Dehnungszone ähnlich dem Rheintalgraben, welche in eine weitere Meeresstraße einmündete, die Parathethys, von welcher das Schwarze und Kaspische Meer und der Aralsee noch übrig sind. Die Turgai-Straße bestand noch bis ins Oligozän hinein, die Parathethys sogar noch bis Ende Miozän. Ein Widerspruch zu Steiners Aussagen besteht nicht.
VON LEMURIEN ZU ATLANTIS
Aber Europa wechselte im Verlauf des Tertiär ständig seine Gestalt. Im Übergang vom Paläozän zum Eozän riss sich Grönland von Europa los. Dieser Riss war verbunden mit einer gewaltigen Flutbasalt-Katastrophe, einer Serie von Vulkanausbrüchen, die alle heutigen Vorstellungen weit übersteigt. Die Erde öffnete sich in Spalten von mehreren -zig Kilometern, und dünnflüssige Basaltlava ergoss sich in ländergroßen Überschwemmungen über die Landschaft. Die Basaltpakete lagern heute vor der ganzen Küste Norwegens, vor und auf der Küste Grönlands sowie vor und auf der Küste Schottlands und Irlands. In Irland gibt es eine Stelle, an der ein einziger Lavastrom 1,5 Kilometer Dicke erreicht! Europa und Grönland blieben allerdings zunächst durch Island und die Island-Schwelle noch geraume Zeit miteinander verbunden.
Weiter drifteten Italien, Spanien und Kleinasien an Europa heran und durch die Kollision türmten sich die alpinen Faltengebirge auf. Die Parathethys wurde langsam zugeschoben. Gleichzeitig durchzogen neue Risssysteme Europa (Rhone- und Rheintalgraben) und erzeugten einen nicht unbeträchtlichen Vulkanismus (Eifel, Vogelsberg usw). Durch all diese Vorgänge änderten die Flachmeere, von denen Europa bedeckt war, ständig ihre Gestalt. Im Verlaufe des Oligozän verlandete die Turgai-Straße, Europa war keine Insel mehr, sondern mit Asien verbunden.
Das erste Problem ist die erwähnte Flutbasalt-Katastrophe an der Paleozän/Eozän-Grenze. Denn kurz zuvor, an der Wende von der lemurischen zur atlantischen Zeit (Kreide/Tertiär-Grenze) war durch eine ähnliche Katastrophe die lemurische Menschheit samt den Dinosauriern und zwei Drittel der damaligen Fauna vernichtet worden.
Dankmar Bosse macht darauf aufmerksam, dass der lemurische Kontinent, der laut Rudolf Steiner (Aus der Akasha-Chronik) in Feuerkatastrophen zugrunde ging, in der letzten Zeit identisch war mit dem damals frei im indischen Ozean driftenden indischen Subkontinent. Nun ist das gesamte Erdmittelalter (Trias, Jura, Kreide) von Flutbasalt-Katastrophen begleitet, die sich in der Kreidezeit, der letzten Etappe der lemurischen Epoche, immer mehr häufen. Jede von ihnen ist verbunden mit einem gewaltigen weltweiten Massenaussterben, vor allem wohl durch die giftigen Gase und den »atomaren Winter«, hervorgerufen durch die Verfinsterung der Atmosphäre durch vulkanischen Staub. Solche Eruptionen hatten der lemurischen Menschheit den Garaus gemacht. Denn eine gewaltige Flutbasalt-Katastrophe fand genau im lemurisch/atlantischen Übergang in Indien, in der Gegend des heutigen Dekkan statt. Der französische Geologe Vincent Courtillot kommt (in seinem Buch: Das Sterben der Saurier) zu der Annahme, dass es diese Katastrophe war, die den Dinosauriern und einem Großteil der übrigen Fauna das Ende bereitete. Der gleichzeitig niedergehende Asteroid oder Komet, den Courtillot nicht bestreitet, »besorgte nur noch den Rest«.
Und die Menschheit der Früh-Atlantis soll die Nachzügler-Katastrophe an der Paleozän/Eozän-Grenze (von der der Island-Vulkanismus bis heute übriggeblieben ist) unbeschadet überstanden haben, da doch kurze Zeit vorher die letzte lemurische Menschheit durch die Dekkan-Katastrophe vernichtet wurde?!
Flutbasalte, die sich oft beim Zerbrechen von Kontinenten ergießen, werden ausgelöst durch so genannte Mantel-Plumes oder -Diapire. Das sind atompilzartige, sehr heiße aufgeschmolzene Magma-Gebilde im Erdmantel, bestehend aus einem sehr großen Kopf und einem langen dünnen Stil, die langsam aufsteigen und beim Erreichen der Erdoberfläche ausfließen (Die Menge der im Dekkan und auf dem davorliegenden Meeresgrund ausgeworfenen Basalte ergibt zusammengerechnet eine Kugel von ca 1000 km Durchmesser, d. i. mehr als der obere Erdmantel!). Ist der gesamte Magma-Kopf in diesen alles heutige Maß übersteigenden Katastrophen ausgeleert, bleibt ein ganz normaler Hot-Spot-Vulkanismus übrig, der sich (wie auf Hawaii) nur noch aus dem Stil des Diapirs speist.
Das heiße Magma staut sich aber unter der Erdkruste und wölbt diese um ein- bis dreitausend Meter hoch. Die größten derartigen Aufwölbungen sind heute Island und Spitzbergen, die früher, als der Druck größer war, noch wesentlich ausgedehnter gewesen sein müssen. Auch der Meeresboden um die Hawaii-Inseln ist um 1200 m aufgewölbt. Der ostafrikanische Hot Spot, der mit einer Flutbasalt-Katastrophe im Oligozän begann, wölbt heute noch den äthiopischen und kenianischen »Dom« (bis zu 3 km!) empor. So muss es um so manchen heutigen Hot Spot herum früher Island-ähnliche Aufwölbungen (»Atlantisse«) gegeben haben, z. B. beim Tristan de Cunha im Südatlantik, dem Kerguelen-Plateau im südlichen indischen Ozean, an mehreren Stellen im Pazifik (Mu??) - und um die Azoren herum.
Heute noch ist der Meeresboden beim Azoren-Hot Spot hochgewölbt. Liest man Platons Atlantis-Bericht, so kommt man im Einklang mit den meisten Atlantis-Enthusiasten nicht umhin, Atlantis bei den Azoren zu vermuten. »Jenseits der Säulen des Herakles (Gibraltar), aber östlich von dahinterliegenden Inseln (den karibischen?) und einem noch weiter dahinterliegenden Festland (Amerika?)«.
Hier müsste dann die Heimat des südlichen atlantischen Auswanderstromes gelegen haben, von dem Steiner in Der Orient im Lichte des Okzidents berichtet - das Muspelheim der germanischen Mythologie. Dieser südliche Strom soll nach Plato so gewaltig gewesen sein, dass er in einem einzigen Ansturm kurz vor dem Untergang der Atlantis das gesamte Mittelmeergebiet überrannt hat. Für diese südliche Lage von Atlantis würde auch das Auftreten der Menschenaffen- und Menschen-Formen in Afrika sprechen.
Aber das Flutbasalt-Ereignis, mit dem der Azoren-Hot-Spot begann, liegt zu früh (an der Trias/Jura-Grenze, als an dieser Stelle Afrika und Amerika auseinanderbrachen). Sicherlich hat es in Jura und Kreidezeit eine sehr große, Island-ähnliche Insel an der Stelle der heutigen Azoren gegeben. Dass diese aber noch im Tertiär existierte, ist unwahrscheinlich, und wenn, kann sie nur noch sehr klein gewesen sein. Als Heimat eines gewaltigen Völkersturmes käme sie wohl kaum in Frage. Die Azoren-Gegend wird auch von Steiner nie als Atlantis-Ort erwähnt. Steiner spricht dagegen öfter von den »Atlantiern in der Nähe von Irland«.
ATLANTIS UND DIE EISZEIT
Die gravierendsten Atlantis-Probleme betreffen die letzte atlantische Zeit - die Eiszeit. In dieser Zeit kann Atlantis nicht mehr das ständig seine Gestalt verändernde Europa gewesen sein, denn erstens ist Europa eindeutig nicht durch eine Sintflut untergegangen und ist zweitens schon lange keine Insel mehr. Außerdem wird Rudolf Steiner nicht müde, in den verschiedensten Zusammenhängen, zu den verschiedensten Zeiten immer wieder zu betonen, als Atlantis unterging, seien gleichzeitig Europa, Asien und Amerika, die bis dato weitgehend von Flachmeeren bedeckt waren, aus den Fluten aufgestiegen. Diese Flachmeere sind eine geologische Tatsache, auch in Europa.
Dankmar Bosse ist der Auffassung, das Rockall-Plateau sei Atlantis gewesen. Dieses Plateau, von dem heute nur noch der aus Granit bestehende Rockall-Felsen als winziges Eiland aus dem Meer schaut, liegt nordwestlich von Irland. Es ist größer als Irland, aber kleiner als Großbritannien. Damit wäre es ebenfalls für Atlantis viel zu klein. Außerdem war es wie Island, die gesamte Island-Schwelle und die britischen Inseln während der Vereisungen mit Gletschern bedeckt, während der Warmzeiten aber zum Teil überschwemmt. Denn das Rockall-Plateau liegt heute zwischen 200 und 700 m tief, der Meeresspiegel war aber in der Eiszeit maximal nur 130 Meter tiefer - während der Vereisungen, in den dazwischenliegenden Warmzeiten aber so hoch wie heute oder höher.
Nun muss allerdings das Plateau früher höher gelegen haben. Wenn der Rockall-Felsen aus Granit, also kontinentalem Gestein besteht, müssen die Flutbasalte, die auch dieses Plateau früher bedeckt haben müssen - liegt es doch wesentlich näher an den Eruptionsspalten als Irland und Schottland - abgetragen worden sein. Das ist nur möglich, wenn es über Wasser lag. Eine solche Abtragung (z. B. durch Steilküsten-Erosion) braucht aber ihre Zeit. Das Rockall-Plateau muss schon lange unter Wasser liegen, mindestens das ganze Pleistözän.
Bosse ist der Auffassung, dass der Meeresspiegel weit mehr als die 130 m tiefer gelegen hat. Denn ein beträchtlicher Teil des Wassers wogte als atlantische Nebelmassen in der Luft. Ich glaube das auch, aber für eine frühere Phase des Tertiär und die Zeiten davor. Sonst könnten nicht gleichzeitig die umliegenden Kontinente von Flachmeeren bedeckt gewesen sein. (Dies soll keine Kritik an Bosses wirklich ungeheurem Versuch sein, die Hinweise Steiners mit der Geologie zur Deckung zu bringen. Nur in diesem einen Punkt kann ich ihm wegen der Flachmeere nicht zustimmen.)
Der Meeresspiegel kann wegen der Flachmeere nicht tiefer gelegen haben. Wenn aber gleichzeitig weniger Wasser im Meer gewesen sein soll, kann das nur bedeutet haben, dass die Ozeane (ein wenig) flacher gewesen sein müssen als heute. Erst im Laufe des Tertiär schoben die plattentektonischen Kollisionen die Kontinente so zusammen, dass sich die massigen alpinen Gebirge auftürmten, das gewaltige tibetanische Hochland 5 Kilometer über das Meer erhob und dafür mehr Wasser aus der Luft in den Ozeanbecken Platz erhielt.
Was aber früher bei einer geringeren Tiefe eventuell aus den Ozeanen herausgeschaut haben kann, sind größere Teile der mittelozeanischen Rücken. Diese können zudem durch Mantel-Diapire um mehrere Kilometer gehoben worden sein. Das bezieht sich aber auf die Zeit vor der Eiszeit. Da könnten das Gebiet der Island-Schwelle, ein nach Norden und Süden verlängertes Island, Grönland, ein Teil des Rockall-Plateaus und die britischen Inseln insgesamt Nord-Atlantis (Niflheim) gewesen sein, die Heimat des nördlichen Auswanderungs-Stromes aus der Atlantis (die Cro-Magnon-Einwanderung in Europa während der Weichsel-Vereisung??).
Wie auch immer, zusätzlich zu dem Niederschlag der atlantischen Nebelmassen muss, wenn es eine Sintflut gegeben haben soll, von der (neben Rudolf Steiner) immerhin fast alle Völker der Erde in ihren Sagen berichten, ein großer Abfall des magmatischen Drucks unter den mittelozeanischen Rücken stattgefunden haben, so dass diese einsanken und gleichzeitig die kontinentalen Flachmeere sich ausleerten. Nur so kann Rudolf Steiners Angabe, beim (stufenweisen) Versinken von Atlantis hätten sich gleichzeitig Europa, Asien und Amerika herausgehoben, gedeutet werden. Der Druckabfall und das Niederschlagen der Nebelmassen mag ein und dieselbe Ursache gehabt haben, welche, bleibt unklar.
Ob Atlantis um Island, das Rockall-Plateau und/oder die Azoren herum existiert hat, muss sich relativ leicht feststellen lassen. Denn durch geologische Bohrschiffe wie die berühmte Glomar Challenger ist der gesamte Ozeanboden der Erde wie ein Schweizer Käse mit teilweise mehrere Kilometer tiefen Bohrlöchern übersät. Ist an den in Frage kommenden Stellen eine von Anfang an ungestörte Folge von Meeres-Sedimenten zu finden, kann kein Atlantis dort gelegen haben. Eine Chance besteht aber, wenn sich an diesen Stellen große Schichtlücken finden. Es wäre eine lohnende Aufgabe für anthroposophische Geologen, die vielleicht leichter einen Zugang zu diesem wissenschaftlichen Material bekommen, dies herauszufinden.
 


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