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In ihrem neuesten Buch Die Templer, Band 1,schildert Judith von Halle nach einer einleitenden Überschau über das Wesen des heiligen Gral das Wiederhervortreten des Gralsimpulsesals »karmisch metamorphosierten Strom« imTemplerorden und schildert detailliert, wie dieInitiationsrituale des höchstens Einweihungsgrades aus diesem Impuls gespeist sind.Im ersten Teil des Buches spannt die Autorin den Bogen vom ersten Hervortreten desGralsblutes auf Golgatha über die anfängliche»Ätherisation« der menschlichen Physis weiterzu Joseph von Arimathia, der als »Ortebereiter« das aufgefangene Blut des Erlösers nachEuropa brachte, um es in die europäische Erdeeinsickern zu lassen, bis zum Untergang desjohanneischen Frühchristentums – als geistigeQuellen des Templerordens. Da diese Ausführungen als Erinnerung an ihr ausführlichesBuch dazu1 zu verstehen sind, soll dieser Teilhier nicht weiter kommentiert werden.2 Dieser Zusammenhang dürfte den Kenner der Ausführungen Steiners zum Thema (»Die Templer … werden dort vom heiligen Gral eingeweiht«)nicht weiter überraschen.3Sodann wird die geistige Struktur des Ordensgeschildert, wie er sich in verschiedene Gradegliederte, »dem Stand der Geistesschülerschaftentsprechend«. Weiter wird dargestellt, dassim Templerprozess »den gefolterten Komturen,aber insbesondere dem letzten Großmeister, Jaques de Molay, unter der Folter einige Aussagen über okkulte Rituale des Templerordens abgepresst worden« sind, welche verzerrte Bruchstücke von Einweihungszeremonien seien. DieEinweihungsrituale vollzogen Templer einerausgesuchten kleinen Gruppe von zwölf Komturen mit dem Großmeister in ihrer Mitte, der die Zwölf leitete und inspirierte und dessen»geistige Kompetenz ... gewissermaßen derhöhere Wille der Zwölf« war. »Die zwölf Komture trugen gemeinsam mit dem Großmeister die spirituelle Verantwortung für die gesamtegeistige und daraus resultierende praktischeOrdenstätigkeit. Die »Wahl« des Großmeisterserfolgte daher nicht nach einem demokratischen System, sondern nach dem Kriterium,wer der »im spirituellen Sinne am weitestenfortgeschrittene und somit weiseste war«, dennder Großmeister traf seine Entscheidungen »auseiner rein übersinnlichen Quelle«. Die Initiationhabe an einem »genau dafür bestimmten Ort«in einer Templerburg in Gebiet von Ariége inden französischen Pyrenäen stattgefunden, woauch die »letzte rituelle Zusammenkunft allerabgesandten Komture unter der Leitung desGroßmeisters Jaques von Molay im Jahre 1305stattfand«, an einem Sonntag um Johanni. Esfolgt eine genaue Beschreibung der Räume, mitSkizzen und architektonischen Details, und desOrtes, welcher sich an einem ätherisch durchlässigem Kraftort um einen Gralsfels herum be- findet, und den eine »reinkarnierte Gruppe vonJohanneern, nämlich der Templer« als Bauplatzerwählt hatte. Im zweiten Teil des Buches wird das sogenannte Morgenritual als Teil 1 des höchsten Grades der Templereinweihung ausführlich und erzählerisch geschildert, ab und an unterbrochen von Exkursen. Die Schilderung berührt tief, istwie ein innerer meditativer Weg zu lesen undkann Anregung zu eigenem Erleben sein.Der Großmeister wird geschildert, wie er die inneren Erlebnisse seiner Adepten über insgesamt sieben Stunden in geistiger Schau verfolgt, daer »so tief in seinen eigenen Wesenskern hinabgedrungen war« und »wie ein irdischer Helfer des eigentlichen Hierophanten, nämlich Christus, betrachtet werden darf«. Eine Zeichnung auf Seite 93, welche die zwölf Komture am Boden liegend mit dem Großmeister in der Mitte zeigt, mag manche Leser, denen es nicht anVorstellungsvermögen und geistiger Erfahrungmangelt, ebenso befremden, wie Formulierungen in der Art von »schwindelerregende[n]geistige[n] Himmelshöhen«.Der Verfasser dieser Besprechung kann denbeschriebenen Vorgang als solchen, auch inseiner Stimmung, aufgrund eigener Studienweitgehend so für Ende des 13. Jahrhunderts(wie die Autorin richtig bemerkt) bestätigen.4Besonders die Schilderung der Reinigung undder Führung der Adepten mit verbundenenAugen treppauf, treppab durch ein Labyrinthvon Gängen bis hin zum Orientierungsverlustund das Betreten eines Saales mit Kreuzgratgewölbe, in absoluter Stille und Dunkelheit, kann detailliert bestätigt und noch ergänzt werden.Eine Ergänzung besteht darin, dass die Art derTreppenanordnung selbst Bedeutung hatte undder Vorbereitung diente. Nach kurzer Schilderung des französischen Kö-nigs Philipp IV. (der Schöne) hinsichtlich des mitihm verbundenen intellektuellen Materialismus(was natürlich schon allein ein ausführlichesKapitel wert wäre) folgt eine ausführliche Darstellung des Zusammenhangs zwischen dem geistigen Erdorganismus und dem eigenenLeib.5 Nach der Schilderung des Abendritualsim dritten Teil, wo Molay bei der »heiligen Messe« im purpurrotem Umhang mit weißem Kreuz bekleidet geschildert wird, im Gegensatz zumOrnat der Komture, beschließt eine Analyse zurBedeutung des Templerkreuzes den ersten Band.Die »unter Folter erpressten, angeblich häretischen Aussagen der Templer« beziehen sichnach Überzeugung der Autorin auf das in Band 2zu schildernde Mittagsritual. Trotz aller gebotenen Zurückhaltung, da uns der Band 2 bisher ja nicht vorliegt, kann aus der Quellenkenntnis aller Verhörprotokolle und den vorhandenen Untersuchungen dazu dies jedoch schon jetzt bezweifelt werden. Die einem bestimmten Schema folgenden »Geständnisse« der Templer (wie dieVerleugnung Christi, Bespucken des Kreuzes,»unsittliche Küsse« und Idolverehrung), welchekeineswegs nur von Komturen stammen, werden stets in Zusammenhang mit dem Aufnahmeritual in den Orden beschrieben,6 welches zum ersten Grad der Einweihung gehört.7Insbesondere Molay hat an keiner Stelle okkulteRituale von Einweihungszeremonien verraten;aus guten Grund. Denn Molay war weder eingeweiht (jedenfalls nicht in den dritten Grad), noch Leiter eines Initiationsritus und auch nicht1305 in Frankreich in den Pyrenäen. Hier zeigtsich die größte Schwäche des ansonsten sehrlesenswerten Buches: die fehlende Historizitätund Vernachlässigung des »irdischen Quellenstudiums«. Von Halle kündigt im Vorwort einerseits »keine gängige Abhandlung über dasWirken der Templer auf dem physischen Plan«und »keine äußerlich auffindbaren Fakten …«an. Trotzdem sei der »Beitrag in keiner Weiseweniger historisch zutreffend … als durch exoterische Quellen zutage geförderte Forschungsergebnisse«, sondern sie »berücksichtigt sie«(die historischen Daten und Ereignisse) »undnimmt zuweilen auch auf sie Bezug.« In denAnmerkungen findet sich jedoch kein einzigerHinweis auf historische Quellen; ein Quellenverzeichnis existiert nicht.Aus guter Kenntnis und aufgrund des Studiumsder historisch greifbaren Fakten und Quellenmuss der Schilderung der Autorin hinsichtlichdes Ordens und seiner Strukturen, der Rolle derKomture, des Großmeisters und in weiteren historischen Details fast durchgängig widersprochen werden. Die eindeutige und genügenddichte Quellenlage8 zeigt, auch im Einklangmit den wichtigsten Historikern, dass Molayvon 1296/1297 bis Herbst 1306 durchgängig imOrient war und zwar zumeist auf Zypern. Vonihm in Zypern gesiegelte Urkunden mit den Unterschriften weiterer Würdenträger belegen dies zweifelsfrei; eine kurze Reise zum Initiationsritual 1305 von Zypern nach Frankreich kann aus vielerlei Gründen9 definitiv ausgeschlossen werden. Auch die Großmeisterwahl vollzog sichkeineswegs so, wie die Autorin schildert. Dasnormale Wahlverfahren ist in den Artikeln 198bis 223 der Ordensregeln festgelegt. Je zweiBrüder wählten wiederum zwei Brüder und soweiter, bis sich ein Kreis von zwölf Wahlmännern gebildet hatte, die dann in geheimer Wahl den Großmeis ter als »Erfahrensten« wählten.10Molay, der schon 1291 auf dem Generalkapiteldes Ordens auf Zypern durch Kritik am Ordenauffiel und durchblicken ließ, dass er selbst gernGroßmeis ter wäre,11 hat bekanntermaßen dieGroßmeis terwahl 1292 zu seinen Gunsten manipuliert,12 wozu es verschiedene Quellen und eine Zeugenaussage gibt.13 Dies führte zu einerSpaltung im Orden; die Brüder im Okzident, welche eine Mehrheit bildeten, wollten Hugo von Pairaud als Großmeister.14 Papst Bonifatius VIII.erlässt am 21. Juli 1295 sogar eine Bulle in derdie Erzbischöfe aufgefordert werden, Templer,die sich gegen den Großmeister auflehnen, aufden rechten Weg zu bringen. Molay übertrugdanach eine Reihe seiner originären Befugnissean Pairaud. Weitere dokumentierte »Besonderheiten« von Molay sind seine oft geschilderte Unzugänglichkeit und Verworrenheit, die Tatsache, dass er im Gegensatz zu den vorherigen Großmeistern bis 1292 kein bedeutendes Amtbekleidet hatte, nach eigenen Aussagen nur wenige Brüder in den Orden aufgenommen hat, seine »sonderbare Gedächtnisschwäche« beiJahreszahlen und Rangverwechslungen sowieseine Haltung im Prozess. Bei letzterem erwähnter 1312 selbst, dass er nicht »gelehrt« genugsei, um den Orden zu verteidigen und zu bestimmten inneren Themen des Ordens nur wenig sagen könne. Es ist wichtig zu wissen, dassder Großmeister grundsätzlich nicht eingeweihtsein sollte oder, wie es die »Geheimstatuten desOrdens« beschreiben (deren Echtheit allerdingsumstritten ist), nur bis in den zweiten Grad.Seine Aufgaben waren weltlicher Art: Organisation und Leitung des Ordens, vor allem nach außen, die Verteidigung und Kampf im Orient,wo er an vorderster Front mitkämpfte und woso mancher Großmeister sein Leben ließ. Auchohne tiefergehende okkulte Erkenntnisse wirdman verstehen, dass jemand, der tötet, Blutfließen lässt und voll verantwortlich mit äußeren Angelegenheiten und Politik beschäftigt ist, nicht zugleich hoher Eingeweihter sein kann.Um Molay herum befanden sich Würdenträ-ger mit besonderen Aufgaben und ein Rat vonsogenannten »weisen Männer«.17 Die Strukturdes Ordens gestaltete sich viel differenzierter alsvon Halle es schildert; es gab Ritter, dienendeBrüder und Priesterbrüder sowie verschiedensteÄmter. Neben einzelnen Komturen (welche i.d.Regel übrigens immer nur für vier Jahre gewählt waren) und Würdenträgern mit höherenÄmtern gehörten auch einige Ordensgeistlichezu denen, die nicht in Kämpfe involviert undin den dritten Grad eingeweiht waren. Pierrede Bologne zum Beispiel, der im Prozess einemutige Rede hielt, war anerkannterweise einerder wichtigsten Verteidiger des Ordens und nichtMolay. Der Templerstrom führt in »unsere Gegenwartund Zukunft als vorbereitender Geistesstromfür das wahre Rosenkreuzertum«, schreibt vonHalle bezugnehmend auf Steiner in der Einleitung und es solle deshalb Recht gesprochenwerden bezüglich der Templer; dieser Antriebist ein unverzichtbares Gut nicht zuletzt für denGeistesforscher, um nicht blind für die eigeneZukunft zu werden. Eben deshalb fühlte ichmich zu diesen Richtigstellungen verpflichtet.Andreas MeyerAnmerkungen:1 Judith von Halle: Joseph von Arimathia und derWeg des Heiligen Gral, Dornach 2011.2 Ergänzend zum Gralsthema sei auf das bisher zuwenig beachtete Buch hingewiesen: Athys Floride:Die spirituelle Verwandlung der Liebeskräfte als Voraussetzung zur Weltverjüngung im Sinne von Novalis, Borchen 2011.3 In Gäa Sophie sowie in: Rudolf Steiner: Die Tempellegende und die goldene Legende ... (GA 93) undDas Johannes-Evangelium (GA 103).4 Im Frühjahr 2014 wird ein Buch des Autors mitseinen eigenen, auch geistigen Forschungen zu dieser Thematik und darüber hinaus erscheinen, zusammen mit einer fundierten Schilderung der historischen Fakten, der neuesten Forschungsergebnisseund einer umfassenden Darstellung und Analyse derAngaben Rudolf Steiners zum Thema.5 Als Vertiefung auch dieses Themas sei hier nochmals auf Athys Floride in Anm. 2 hingewiesen.6 Siehe bspw. Anke Krüger: Schuld oder Präjudizierung. Die Protokolle des Templerprozesses im Textvergleich, in: Historisches Jahrbuch, 117/11, 1997.7 Auch Rudolf Steiner beschreibt die drei Einweihungsgrade Petrusgrad, Jacobsgrad und Johannesgrad in: Rudolf Steiner: Die Tempellegende und dieGoldene Legende (GA 93).8 Siehe dazu bspw.: Allain Demurger: Der letzteTempler, S. 161, DTV 2007.9 Diese Fakten können hier leider, wie vieles andereauch, aus Platzgründen nicht detailliert aufgeführtwerden. Es sei deshalb auf das im Frühjahr 2014 erscheinende Buch (siehe Anmerkung 5) hingewiesen,sowie auf weitere Details in folgenden Artikeln desAutors an anderem Ort.10 Allain Demurger, S. 96 ff. sowie 102 ff.11 A.a.O., S. 98f.12 A.a.O., S. 100-106.13 Jules Michelet: Le Procés des templiers, Bd. II,Reprint Paris 1987, S. 224 f.; es handelt sich um dieAussage des Templers Hugues de Faur am 12. Mai1311 in Paris.14 Siehe dazu u.a.: Krück von Poturzyn: Der Prozessgegen die Templer, Dornach 2003.15 Allain Demurger, a.a.O., S. 25 und S. 43.16 Theodor Merzdorf (Hrsg.): Die Geheimstatutendes Ordens der Tempelherren nach der Abschrift einesvorgeblich im vatikanischen Archiv befindlichen Manuscriptes zum ersten Male, Halle 1877.17 Allain Demurger, S. 47 und S. 182.